Aktfotografie und die Reaktionen auf ihre Ergebnisse
Die Aktfotografie ist eine der am meisten diskutierten Genres der künstlerischen Fotografie. Der eine sieht in ihr das künstlerische Schaffen, der nächste nur kitschig in Szene gesetzte nackte Menschen. Der eine findet sie erotisch und wieder der nächste dagegen pornografisch. Aktfotografie ruft bei vielen Menschen unterschiedliche Reaktionen hervor. Besonders die Tatsache, dass auch Aufnahmen von primären Geschlechtsorganen im Gegensatz zu früher heute nicht mehr tabu sind, geht für manche Leute zu weit. Doch genau diese Reaktionen und die Diskussion wollen Künstler häufig provozieren – frei nach dem Motto: „Egal wie über Aktfotografie geurteilt wird, solang über sie geurteilt wird, ist alles gut.“
Wo genau liegt die Grenze zwischen Kitsch und Pornografie
Aktfotografie ist nicht gleich Aktfotografie. Manche Bilder zeigen viel, andere deuten vieles nur an, manche Aufnahmen sind schlicht und reduzieren sich auf den Körper, andere nutzen ein bestimmtes Ambiente, um der Fotografie zusätzlich Ausdruck zu verleihen. Ob die eine Aufnahme künstlerisch ist, die andere kitschig und die nächste wiederum schon pornographisch, liegt im Auge des Betrachters. Eine allgemein gültige Definition gibt es nicht und das ist auch gut so. Denn erlaubt ist, was gefällt und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Es wird häufig versucht, Aktfotografie von der Pornografie abzugrenzen, indem man ihre Funktion vergleicht. Ganz anders als die Pornografie versucht die Aktfotografie schließlich nicht oder zumindest nicht primär den Betrachter zu erregen. Dennoch lässt sich selbstverständlich nicht ausschließen, dass sie nicht dennoch hin und wieder zu genau diesem Zweck verwendet wird. Der deutsche Fotograf Günter Rinnhofer ist der Meinung, dass ein Aktfoto dann gut und nicht pornografisch ist, wenn man es der Großmutter und ihren Freundinnen zeigen kann, ohne dass diese in Ohnmacht fallen. Der für seine provozierenden Aktbilder auf dem Friedhof oder von behinderten Menschen bekannte Fotograf Horst Werner hingegen würde eine Aktfotografie, die der Großmutter gefällt, vermutlich als zu langweilig, schwach und kitschig bezeichnen.
Die Wahrnehmung von Akten früher und heute
Die nackte Darstellung von Menschen lässt sich in der Kunst bis in die frühen Hochkulturen der Sumer, Ägypter und Inder zurückverfolgen. Besonders typische, frühgeschichtliche Akte sind jedoch die zeitlich später entstandenen griechischen Plastiken, die große Persönlichkeiten Griechenlands unverhüllt abbildeten. Nacktheit gehörte bei den alten Griechen zur öffentlichen Kultur und galt als beliebtes Gesprächsthema.
Da die Werke der klassischen Antike in der Renaissance erneut aufgegriffen wurden, wundert es nicht, dass Akte erneut ein wichtiges Thema in der Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts wurden und das Studium des nackten, menschlichen Körpers Teil der Ausbildung an den damaligen Kunstakademien darstellten. Allerdings war die nackte Zurschaustellung im Gegensatz zur Antike nur zu künstlerischen oder medizinischen Zwecken erlaubt.
Mit der Erfindung der Fotografie änderte sich Mitte des 19. Jahrhunderts die Technik, mit der Akte hergestellt werden konnten, nicht jedoch ihr Zweck. Weiterhin war es lediglich erlaubt, Akte für das künstlerische oder medizinische Studium der menschlichen Anatomie herzustellen. Jede andere Verwendung von Aktabbildungen war verpönt und galt als sittenwidrig.
Die erotische Fotografie fand hiermit zwar keine Erlaubnis, aber einen Vorwand, unter dem sie von Künstlern ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelt und auch von interessierten Männern konsumiert werden konnte. Während die ersten erotischen Fotographien den letzten Moment der Entkleidung einfangen sollten, waren die Modelle anfangs üblicherweise jedoch nicht völlig nackt. Mit fortschreiten der Geschichte, lockerte sich jedoch auch immer mehr der Umgang mit der Nacktheit und der Sexualität, was sich auch in einer freizügigeren Entwicklung der Aktfotografie äußerte. Die Frage nach Sitte und Moral spielte jedoch auch weiterhin eine die Aktfotografie begleitende Rolle, veränderte sich jedoch wie die Aktfotografie selbst ebenfalls im Lauf der Geschichte. Während Ende des 19. Jahrhunderts eine völlige Nacktheit zu vermeiden galt, verlagerte sich während des Nationalsozialismus von der völligen Nacktheit auf die ideologische Entsprechung der Modelle. Heutzutage herrschen dagegen die Aktfotografie betreffend kaum noch Tabus.